Liebes Publikum,

»Bücher, das wissen wir jetzt, kann man nicht ver­brennen« – das berühmte Zitat von Erich Kästner, der am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz Zeuge wurde, wie seine Werke in Flammen auf­gingen, steht als Motto über unserem Festival »Hamburg liest verbrannte Bücher«. Vom 10. Mai bis zum 10. Juni widmet es sich einem der symbolträchtigsten Akte der nationalsozialistischen Unterdrückung und Verfolgung von Intellektuellen: der »Aktion wider den undeutschen Geist«. Vier Wochen lang feiern wir die Literatur von Autor:innen, die vor 90 Jahren von den Nazis verfemt und verfolgt wurden.

Besonders aktiv waren die Studierenden der HAW, die das Festival unter anderem mit eigens gefertigten Puppen, beispielsweise von Mascha Kaléko oder Kurt Tucholsky, bereichern. Die Ausstellung »feuerfest« in der Stabi sei Ihnen besonders ans Herz gelegt.

So wahnwitzig und schockierend es uns heute vorkommt, dass vor 90 Jahren vom Nationalsozialismus überzeugte junge Menschen Bücher auf Scheiterhaufen warfen: Die zahlreichen Veranstaltungen sollen auch Mahnung sein, entschlossen jeder Form von Rassismus und rechtem Gedankengut entgegen­zutreten und den Mund aufzumachen. Wo es nötig ist und jederzeit.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele anregende Begegnungen und Denkanstöße!

Das Festival-Team

Orte der Bücherverbrennungen 1933 in Hamburg

Illustration: Michaela Bissig

25. Juni 1933: Boberger Dünen (Lohbrügge)

Ein Sonnenwendfeuer brannte auch in Lohbrügge. Vom Marktplatz, wo eine Versammlung stattgefunden hatte, zog man unter Führung der NSDAP-Ortsgruppe in Richtung Boberger Dünen. Schulkinder, so die Bergedorfer Zeitung, warfen dort »eine Anzahl Bücher marxistischen Einschlags in die Flammen«.

→ Boberger Niederung, 21033 Hamburg-Lohbrügge

Illustration: Annika Rogg

30. Mai 1933: Lübeckertorfeld

»In geschlossener Formation« marschierten Hitler-Jugend und andere NS-Verbände am 30. Mai von der Moorweide zum Lübeckertorfeld, wo ein Scheiterhaufen errichtet worden war. Das Hamburger Tageblatt berichtete: »Nicht das eine oder das andere ›missliebige‹ Buch wird hingerichtet, sondern der Weg zur neuen, eigenen Kultur wird freigemacht vom Schutt des Vergangenen.«

→ Ifflandstraße, 22087 Hamburg-Hohenfelde

Illustration: Philine Dorenbusch

15. Mai 1933: Kaiser-Friedrich-Ufer

Weil am 10. Mai die neu gewählte Bürgerschaft zu einer konstituierenden Sitzung unter NSDAP-Führung zusammenkam, fand die größte der Hamburger Bücherverbrennungen am Kaiser-Friedrich-Ufer fünf Tage nach der reichsweiten Aktion statt. Die Sammelaktion im Vorfeld war vergleichsweise kläglich ausgefallen.

→ Kaiser-Friedrich-Ufer, 20253 Hamburg-Hoheluft

Illustration: Michaela Bissig

Ende Mai 1933: Methfesselstraße (heute: Else-Rauch-Platz)

Ende Mai 1933 kam es zu einer Bücherverbrennung in der Methfesselstraße auf dem heutigen Else-Rauch-Platz. In den Tagen zuvor hatte es in Eimsbüttel vermehrt Hausdurchsuchungen gegeben, bei denen Bücher beschlagnahmt worden waren. Das genaue Datum lässt sich nicht nachweisen.

→ Else-Rauch-Platz, 20255 Hamburg-Eimsbüttel

Illustration: Philine Dorenbusch

24. Juni 1933: Fritz-Reuter-Platz (Bergedorf)

Bei einer »Riesenkundgebung« (Bergedorfer Zeitung) zum Sonnenwendfest auf dem Fritz-Reuter-Platz landeten Bücher im Feuer, die vorher aus der Städtischen Bücherei ausgesondert worden waren. Die Zeitung hatte vorab fünf Strophen des Liedes Flamme empor mit dem Hinweis »Achtung ausschneiden!« abgedruckt.

→ Schulenbrooksweg, 21029 Hamburg-Bergedorf

2021 erinnerte das Festival »Hamburg liest« an den 100. Geburtstag des Hamburger Dichters Wolfgang Borchert, der mit »Draußen vor der Tür« Literaturgeschichte schrieb und die Uraufführung seines inzwischen weltbekannten Stücks nicht mehr erlebte, weil er mit 26 Jahren an den Folgen seiner Kriegserkrankungen verstarb.

Zur Website